Wussten Sie, dass Ihnen die Beherrschung des Geruchssinns dabei hilft, kulinarische Akkorde ohne Misstöne zu erzielen?
Zu oft bauen wir Akkorde rund um Geschmacksrichtungen auf (sauer, bitter, süß, salzig usw.) oder auch rund um Beschaffenheiten (weich, knusprig usw.) und vergessen dabei, dass auch Aromen als roter Faden zwischen Wein, Kaffee oder Whisky und der Speise dienen können, die wir dazu reichen (idealerweise sollte man vom Getränk ausgehen, um ein Menü zusammen zu stellen, und nicht umgekehrt).
Versuchen Sie, Speisen mit einem Wein, Kaffee oder Whisky zu verbinden, die eine aromatische Note gemeinsam haben, die als „Geruchsverbindung“ dient und Harmonie zwischen dem Glas (bzw. der Tasse) und dem Teller herstellt. Dabei muss übrigens nicht unbedingt das dominierende aromatische Element den Akkord bestimmen, sondern eine besonders deutliche Note.

Hier ein paar Beispiele in drei Schritten.
 

Akkorde zwischen Speisen und Weinen


Vorspeise: Krabbensalat, Avocado und Grapefruit
 
Das typische Grapefruit-Aroma ist dem Nootkaton zu verdanken, einem Molekül, das sowohl im ätherischen Öl aus der gelben Schicht der Haut (Flavedo) als auch im Saft vorkommt. Allerdings enthält sein Duft stets eine leichte schwefelige Note, die sich vor allem dann bemerkbar macht, wenn die weiße Schicht unter der Haut abgekratzt wird (Albedo). Diese Nuance ist dem 3-Mercaptohexanol und seinem Acetat zuzuschreiben, bei denen es sich um die schwefeligen Verbindungen handelt, die unlängst von der önologischen Fakultät Bordeaux festgestellt wurden und die sich in den besten Sauvignon-Weinen entwickeln.
Grapefruit wird von Verkostern nur sehr selten genannt, obwohl sie in guten, nervösen Weißweinen leicht zu erkennen ist. In Frankreich ist sie hauptsächlich in großen Likörweinen und relativ oft in Riesling anzutreffen. Sie ist das Markenzeichen von Sauvignon de Sancerre und Pouilly Fumé sowohl von kalifornischen und neuseeländischen Weinen.
 
Hauptgericht: Hühnchen mit Dörrpflaumen
 
Dörrpflaumen sind ein Klassiker bei der Verkostung von Rotweinen eines gewissen Alters und von Süßweinen. Das Dörrpflaumenaroma ist kräftiger und rauchiger als das von Pflaumen und verleiht dem Wein oft eine absolut überzeugende Haltung und Robustheit.
Es handelt sich um besonders reife Trauben aus besonders heißen Jahrgängen, die dieses ehrwürdige Bukett vor allem schweren Weinen verleihen, die uns die Sommersonne zurückbringen. Deshalb findet sich diese sonnige Note in kalifornischen Weinen und australischem Syrah.
Weine aus Grenache und Carignan haben eine besondere Neigung zu dieser aromatischen Note, ebenso wie die aus Auxerrois (oder Cot), der Rebe von Cahors.
Die Ursprungsbezeichnung Cahors bietet Weine, in denen sich kandierte Pflaumen und Pflaumenkonfitüre einen Wettstreit liefern, so dass Corbières-Weine und edler Châteauneuf-du-Pape mit Dörrpflaumennoten aufwarten können.
 
Nachtisch: Aprikosenkuchen
 
Gamma- und Delta-Decalactone, die in Aprikosen vorkommen, können in Weißweinen vorkommen und darin diese Eigenschaft zum Ausdruck bringen. Ihre Entstehung wird durch Botrytis cinerea (den für „Edelfäule“ verantwortlichen Pilz) und Fassreifung begünstigt. Daher passt Aprikosenkuchen perfekt zu trockenen Weißweinen, insbesondere aus der Rebe Viognier, sowie zu Likörweinen, Bordeaux- (Sauternes, Barsac, Loupiac usw.) und Anjou-Wein (insbesondere Quarts-de-Chaume).
 
In dem entsprechenden Kapitel des Buches zu Le Nez du Vin finden Sie mehrere Dutzend Referenzen, in denen jede der 54 aromatischen Noten der Kollektion zum Ausdruck kommt (S. 66 bis 90), und zahlreiche Ideen für geeignete Verbindungen.

 

Akkorde von Speisen und Kaffee


Vorspeise
 
Zwar ist die Verbindung eines Kaffees mit einer pikanten Speise nicht ganz einfach, aber sie ist auch nicht unmöglich!
Versuchen Sie beispielsweise die Verbindung von Cocktailgebäck mit Roquefort-Käse mit einem bitteren Kaffee mit Walnussaroma. Das Ergebnis wird Sie verblüffen!
Der Walnussduft ist in erster Linie auf Sotolon zurück zu führen und nebenbei auch auf Acetaldehyd, die beide im Kaffee isoliert werden. Seine Präsenz im Kaffee ist nicht sehr verbreitet, aber es ist wichtig, ihn in zahlreichen brasilianischen Erzeugnissen zu erkennen, denen er in Nase und Mund eine bei Konsumenten beliebte Schärfe verleiht.
 
Nachtisch
 
Kein Wunder, dass Kaffee und Schokolade so gut zusammenpassen: sie haben zahlreiche Bestandteile gemeinsam, darunter Thiazole und Pyrazine, die einen deutlichen Beitrag zu ihrem Aroma leisten. Im Begleitbuch zu Le Nez du Café werden Sie jedoch feststellen, dass dieser köstliche Duft nur in bestimmten Erzeugungsgebieten erscheint. Eric Verdier, einer der Mitverfasser des Werks und großartiger Verkoster, fand ihn im Kona-Kaffee aus Hawaii besonders edel. In Afrika ist er in der Demokratischen Republik Kongo, in Uganda und Zimbabwe festzustellen. In Mittel- und Südamerika ist seine Präsenz in mexikanischem Maragogype unleugbar, jedoch seltener in Kolumbien.
 

Akkorde zwischen Speisen und Whisky


Martine Nouet, auf Küche und Spirituosen spezialisierte Autorin und Journalistin, die heute auf der Insel Islay lebt, beherrscht die Kunst der harmonischen Verbindung von Essen und Branntwein.
Sie wurde im April 2012 als erste Französin zum Master of the Quaich und stellt den Lesern von Le Nez du Whisky ihr Wissen und ihre Erfahrung zur Verfügung. Sie empfiehlt unter anderem, eine Speise mit einem Gewürz (zum Beispiel Kardamom oder Gewürznelke), Kräutern (grüner Anis, Basilikum) und einer Trocken- oder Ölfrucht (Dörrpflaume, getrocknete Aprikose, Haselnuss) zu würzen, damit ihr Geschmack im Teller bei der Whisky-Verkostung einen geeigneten Wiederhall findet. Von der Vorspeise über den Käse bis hin zur Nachspeise suggeriert sie uns einige „perfekte Akkorde“, für die nachstehend einige Beispiele genannt sind:
 
Vorspeise mit Haselnussaroma
 
Fenchel-Crumble mit Meeresfrüchten (Meeresfrüchte in etwas Butter mit Petersilie kochen, gedämpfter Fenchel, bedeckt mit Crumble aus Mehl, Butter, Haferflocken und gerösteten Haselnüssen).
Zur Begleitung eines in Bourbon-Fässern gereiften Single Malt mit Haselnussnoten oder eines durchschnittlich torfigen Single Malt von der Küste.
 
Bei der Röstung der Haselnüsse vermischen sich zahlreiche Geruchsmoleküle, im Wesentlichen Heterozyklen, mit dem Haselnussöl, woraus eine besonders delikate Aromanote entsteht, die buttrig und zugleich karamelisiert ist.
Bei der Whisky-Bereitung und speziell während der Fassreifung entstehen Ketone wie das nach Butter riechende Diacetyl, Pyrazine und Derivatverbindungen von Furan, die typisch sind für die Karamellnoten, und werden vom Ethylalkohol gebunden.
Diese Verbindungen lassen uns an die Wahrnehmung von gerösteter Haselnuss und gebrannten Mandeln denken.

Hauptgericht in Verbindung mit dem Aroma von Zartbitterschokolade

Hirschmedaillons, Kakaosoße, Pastinaken-Gratin (die Hirschmedaillons werden in der Pfanne gebraten, mit einer Rotwein-Porto-Soße und Kakaopulver serviert).
Zur Begleitung eines in Sherry- oder Porto-Fässern gereiften Single Malt.
 
Die Kakaofrucht enthält zahlreiche Bohnen, die von einem Pflanzenschleim umgeben sind. Diese Kakaobohnen sind äußerst bitter und relativ geruchlos. Zur Entfaltung des Schokoladenaromas müssen sie ca. 45 Minuten lang bei einer Temperatur von rund 140°C geröstet werden. Während der Erwärmung entstehen Maillard-Reaktionen, die zur Synthese zahlreicher Geruchsmoleküle führen, die vom Fett der Bohne, der Kakaobutter, erfasst werden. Das endgültige Kakao-Aroma hängt von der Herkunft der Bohnen und der Röstung ab. Die unterschiedlichen Schokoladensorten von Edelbitter bis Milchschokolade sind einfach Variationen dieses unvergleichlichen Aromas. Der Ursprung der Schokoladennote im Whisky ist auf die Herstellung der Fässer und die Alterung zurück zu führen.
 
Nachtisch mit Bezugnahme auf das Torfaroma
 
Agrumensalat mit Orange, Grapefruit, Limone, Zitrone, Mandarine und Kumquat und Whisky-Granité (torfiger Single Malt).
Zur Begleitung eines torfigen / jodhaltigen Single Malt.
Torf entsteht durch die Fossilisierung von Pflanzen unter der Einwirkung von Mikroorganismen in einer Geschwindigkeit von vier bis fünf Zentimetern pro Jahrhundert. Es handelt sich um eine Zwischenetappe bei der Entstehung von Kohle. Torf wird zum Trocknen des grünen Malz während des Darrens verwendet und überträgt dem Malz über den Rauch eine ganze Reihe von Geruchsmolekülen, bei denen es sich im Wesentlichen um phenolische Verbindungen handelt.
Diese dem während der Gärung entstandenen Alkohol entzogenen Verbindungen verleihen dem Whisky das typische Torfaroma.
Die meisten Brennereien in Islay sind für ihre traditionell torfigen Whiskysorten bekannt und zahlreiche Brennereien in allen Regionen Schottlands erzeugen heute eine torfige und eine nicht torfige Version ihres Single Malt.
 
Siehe Buch zu Le Nez du Whisky, S. 139-141.
 





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